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Hinweise zur Beschäftigung von Vertretern des Apothekenleiters
von TGL-Nordrhein
Jahreshauptversammlung der TGL am 30.01.2013
Es ist gelebte Praxis, dass sich Apothekenleiter in Zeiten ihrer Abwesenheit, so z. B. aus Gründen des Urlaubs, durch freie Mitarbeiter im Rahmen eines Honorarvertrages für eben diesen Zeitraum vertreten lassen.
Dies ist auf den ersten Blick allzu verständlich, als der Apothekeninhaber kein Arbeitsverhältnis mit den arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen begründen möchte und der Vertreter auf der anderen Seite daran interessiert ist, Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit zu erzielen und sich einerseits die sozialversicherungsrechtliche Abgaben zu ersparen, andererseits steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten offen zu halten.
Diese Praxis ist problematisch.
- Aus apothekenrechtlicher Sicht wird in Zweifel gezogen, ob die Vertretung von Apothekern durch freie Mitarbeiter zulässig ist, weil dies mit der Verpflichtung des Apothekers, die Apotheke persönlich zu leiten, nicht in Einklang zu bringen sei.
Es muss eine umfassende Weisungsbefugnis gegenüber dem Vertreter gewährleistet sein. Diesbezüglich wird die Auffassung vertreten, dass dies nur im Rahmen eines entsprechenden Arbeitsvertrages möglich sei.
Mit dieser Begründung wurde auch das Verfahren vor dem Berufsgericht für Heilberufe in Bayern geführt, das im Frühjahr vergangenen Jahres ausurteilte, dass die Vertretung grundsätzlich in einem Angestelltenverhältnis stattfinden muss und eine Vereinbarung über selbstständige Arbeit auf Honorarbasis nicht möglich sei.
Diese Entscheidung ist mittlerweile aus formellen Gründen aufgehoben worden, indem das Landesberufsgericht klargestellt hat, dass sowohl § 7 Apothekengesetz als auch § 2 der Apothekenbetriebsordnung ausdrücklich den Apothekenleiter betreffen, nicht jedoch den Vertreter als Mitarbeiter auf Zeit. - Dagegen ergeben sich andere Probleme, die mit der apothekenrechtlichen Beurteilung nicht ausgeräumt sind.
Insbesondere arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Aspekte sind bei der vertraglichen Handhabung von Vertretungsverhältnissen zu berücksichtigen.
Die Rechtsprechung macht die Beantwortung der Frage, ob ein Arbeitsverhältnis oder Dienstverhältnis vorliegt, maßgeblich davon abhängig, ob eine persönliche Abhängigkeit, d. h. Weisungsgebundenheit, vorliegt.
Eine persönliche Abhängigkeit liegt vor, wenn der Vertreter in eine fremde Arbeitsorganisation eingebunden ist, die sich im Weisungsrecht des Arbeitgebers bzgl. Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer, Art und Ort der Tätigkeit zeigt.
Auch wenn es sich nicht um das alleinige Kriterium handelt, zeigt sich die Verpflichtung des Vertreters, im Rahmen der Öffnungszeiten der Apotheke tätig zu werden.
Er kann eben nicht seine Arbeitszeit bestimmen.
Auch das Bundessozialgericht stellt entscheidend auf die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers von einem Dritten ab.
Diese Abhängigkeit des Arbeitnehmers findet ihren Ausdruck vor allem in seiner organisatorischen Eingliederung im fremden Betrieb, der Weisungsgebundenheit und des Fehlens eines Unternehmerrisikos.
Da es sich bei der Beschäftigung des Vertreters auf Honorarbasis tatsächlich um eine abhängige und damit sozialversicherungspflichtige Beschäftigung handelt, ergeben sich für den Apothekenleiter weitreichende finanzielle Konsequenzen.
Insbesondere für die Nachforderung nicht gezahlter Sozialversicherungsbeträge haftet der Apothekenleiter als Arbeitgeber. Er hat diese Beträge in voller Höhe nachzuzahlen.
Ein Rückgriff auf den Vertreter, den nunmehrigen Arbeitnehmer, scheidet regelmäßig aus, weil bei nicht abgeführten Sozialversicherungsbeträgen dem Arbeitgeber nur die Möglichkeit bleibt, diese bei den drei folgenden Auszahlungsterminen von der Arbeitsvergütung abzuziehen.
Dies ist regelmäßig nicht möglich, weil der Arbeitnehmer, d. h. der Vertreter, üblicherweise im Zeitpunkt der Feststellung der Sozialversicherungspflicht (z.B. im Falle einer Urlaubsvertretung) bereits ausgeschieden ist. Eine Nachforderung des zu Unrecht nicht abgezogenen Beitragsteils ist nicht mehr möglich, denn der direkte Lohnabzug ist die einzig gesetzlich zugelassene Möglichkeit, den Beitragsanteil zur Sozialversicherung zu erhalten.
Dieser Nachforderungsanspruch kann durch den Sozialversicherungsträger aber für einen Zeitraum von bis vier Jahren beim Arbeitgeber geltend gemacht werden.
Da davon auszugehen ist, dass derartige Vertretungsleistungen im vorgenannten Zeitraum mehrfach in Anspruch genommen wurden, kann sich ein erheblicher Nachzahlungsbetrag zu Lasten des Apothekenleiters ergeben.
Nach alledem ist dringend zu empfehlen, die Vertretung des Apothekenleiters durch Abschluss eines besonders formulierten, befristeten Arbeitsvertrages zu regeln. Ein entsprechendes Arbeitsvertragsformular wird in Kürze auf der Homepage der TGL Nordrhein für die Mitglieder hinterlegt werden.
Abschließend sei noch auf die haftungsrechtliche Problematik hingewiesen. Im Schadensfall, ausgelöst durch einen unzulässig beschäftigten freien Mitarbeiter, wäre die Haftpflichtversicherung des Apothekenleiters nicht eintrittspflichtig.
Auch im Hinblick darauf sollte das zweckbefristete Arbeitsverhältnis begründet werden.